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Northern Lite - Letters & Signs
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Noch im vergangenen Jahrtausend nahm man an, dass es nur nördlich des 60. Breitengrads zu bizarren Leuchterscheinungen kommt, wenn der Sonnenwind geladene Teilchen auf die Erdatmosphäre bläst. Heute ist man da weiter: Die eindrucksvollsten Lichter entstehen nicht dort, sondern unter dem Nachthimmel von Erfurt.
Northern Lite stammen von dorther. Seit zwölf Jahren feuern sie Elektrometeore in Richtung Firmament, deren Strahlkraft inzwischen auch international zu einem Begriff geworden ist. Fünf Studiowerke, 100.000 Besucher auf der jüngsten „Super Black“-Tour, Remixe für Rammstein („Rosenrot“), Yello („Planet Dada“) oder Peaches („Sell It Off“) sprechen eine deutliche Sprache. „Go With The Flow“, ihre Coverversion von Queens Of The Stone Age, machte Furore. Northern
Lite wurden mit dem Dance Music Award ausgezeichnet („Best Indie / Electronic Artist“) und sorgten im grauen Einerlei des Bundesvision Song Contest für Farbe. Mit „Letters and Signs“ erscheint nun das sechste Album – nach zwei Ausflügen („Unisex“ und „Super Black“) in die Welt der Major-Plattenfirmen nun wieder auf einem Indie. Und das ist nur der erste Teil: Anfang des kommenden Jahres kommt dann „Letters & Signs – Part Two“.
Northern Lite haben sich ihr eigenes Genre geschaffen. Als man noch glaubte, Starkstrom und Mikroprozessorelektronik wären einander streng verfeindet, schmuggelten sie plattenkistenweise Neo-Techno-Beats ins Gitarrenlager. Umgekehrt zeigten Andreas Kubat und Sebastian Bohn, dass elektronische Musik klassisches Songwriting nicht ausschließt. Und so war es nur ein kleiner
Schritt vom Produzenten-Duo zur richtigen Band: Die Gitarristen Frithjof Rödel und Valerian Herdam gehören inzwischen zum festen Line-up, elektronischer Indie, rockender Elektropop und Indietronic sind zu festen Spielarten zeitgenössischer Popmusik geworden.
„Letters & Signs“ treibt dieses freigeistige Spiel ein ordentliches Stück weiter. Schon das Titelstück, das vorab als Single ausgekoppelt wird, verschmilzt hymnische Melodien, treibende Gitarren und Synthie-Sweeps zu einem energiegeladenen Amalgam. „I grope in the dark / I can’t find my mark / I touch and I feel, but nothing is real“ – große Pop-Lyrik über den Orientierungsverlust inmitten eines Wusts aus Zeichen und den Versuch einer Neuordnung. Und so ist das Leitmotiv gesetzt: ein präziser Songaufbau und sorgfältige Arrangements als Kontrapunkt zu diffusen Emotionen.
Diesem Thema – dem Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Normierung und dem Inneren des Individuums – haben sich bereits viele Dichter und Denker gewidmet. Einer der größten unter ihnen ist William Blake. Northern Lite haben mit „The Sick Rose“ und „The Land of Dreams“ zwei seiner Texte musikalisch verarbeitet – düster, technoid, aber voller Hoffnung.
„Letters & Signs“ ist ein Statement. Dem Major haben Northern Lite Lebewohl gesagt. „Ein Versuch“ sei es gewesen, sagt Kubat. „Doch wir sind sehr froh, keine künstlerische Kontrolle mehr abgeben zu müssen.“ Und das hört man „Letters & Signs“ an. Die unterschiedlichsten Stilistiken treffen aufeinander, das musikalische Ergebnis ist das Spiel freier kreativer Kräfte. Die zehn Songs
wurden von Kubat und Northern Lite selbst produziert, den Mix erledigte Philipp Hoppen (Transporterraum), der auch bereits für die Ärzte und die Beatsteaks hinter den Reglern saß.
„Letters & Signs – Part One“ ist der vorläufige Höhepunkt in der musikalischen Entwicklung von Northern Lite. Am, im Frühjahr 2010 erscheinenden, zweiten Teil wird noch gearbeitet. Bisher weiß man: Das Update verschiebt den Fokus vom Song in Richtung Club – weniger Gitarren, mehr
Strom. Denn Northern Lite stehen nicht zwischen den Stühlen, sondern bewegen sich: zwischen den Polen; zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Glück und Verzweiflung, Licht und Dunkel. Was mag das nur für ein Land sein, dieses Land der Träume?
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